03.01.17

Lebensqualität Hilfeleistung



Leider konnte ich den Autor folgenden bemerkenswerten Satzes nicht finden: „Hilf heute einem anderen Menschen. Dadurch werden deine Freude und Begeisterung gestärkt.“

Unsere Gesundheit ist – wie unser Körper – etwas Besonders. Wer das wünscht, kann sich leicht davon überzeugen. Denken Sie allein einmal an Ihre Stimmung und wie diese sich auf Ihr Befinden auswirkt – Freude, Ärger, Wut, Traurigkeit. Jede dieser zeitweiligen Empfindungen haben deutlichen Einfluss auf Ihre Arbeitsfähigkeit und andere, körperliche Funktionen.

Zur Überschrift zurück.
Am westeuropäischen Weihnachtsmontag war ich bei meiner Zahnärztin. Hier ist wegen der Unterschiede von gregorianischem und julianischem Kalender das Weihnachtsfest nach dem 06. Januar jedes Jahres. Ich war etwas vorzeitig gekommen. Zur Tür kam plötzlich eine bejahrte Frau an einer Krücke herein. Die stellte sie in den Korb für die Regenschirme. Ich war aufgestanden und half ihr aus dem Mantel. Sie bedankte sich – wie mir schien erstaunt. Nachdem meine Plombe gefüllt war und ich den bescheidenen Preis erfahren hatte, ging ich ins Wartezimmer. Die erwähnte Frau war ins Behandlungszimmer gebeten worden und fragte: „Wer ist denn der nette Mann?“ Die Zahnärztin antwortete: „Ein Nachbar, dazu ein Deutscher.“ Zwei Bemerkungen, welche meine Stimmung sofort antörnten. Das merkte daheim sogar meine Natascha.

Vorgestern war wie jeden Tag Morgenspaziergang mit Hund Kai. Weil  wegen des diesigen Wetters und etwa + 2 Grad Celsius der noch vereiste Spazierweg der Allee feuchtglatt war, liefen wir auf dem normalen Fußgängerweg, der durch viele Sohlen schon abgeschliffen wurde. Kamen also auch an eine Bushaltestelle, an der relativ viele Personen standen. Ich hatte mich zurückgehalten, weil ich nicht in das Gewirr der ein- und aussteigenden drängelnden Leute geraten wollte.
Da bemerkte ich eine junge behinderte Frau. Sie stieg als letzte und nur mit besonderer Mühe aus dem Bus, bewegte sich in einer Art gehemmter Trippelschritte auf den Bürgersteig zu. Jener war dort aber höher als gewöhnlich. Sie bemühte sich redlich, aber erfolglos, auch mit Hilfe ihres Stockes ihre Füße auf den Bordstein zu stellen. Zwei in der Nähe stehende Männer waren offensichtlich so „beschäftigt“, dass sie die verzweifelt werdenden Anstrengungen des Mädchens nicht bemerkten. (Wie an und in Nahverkehrsmitteln in Deutschland auch nicht selten zu sehen.) Ich bewegte mich rasch zu ihr, erfasste den Ellenbogen ihres linken Arms und half ihr auf den Bürgersteig. Ihren schon unter Tränen fast geflüsterten Dank empfand ich als besonders angenehm. Noch viel stärker als die Worte bei meiner Zahnärztin. 

An jenem Abend sah ich im Fernsehen eine Reportage über eine südamerikanische Hauptstadt und deren Slums. In deren Heizungskanälen sich Obdachlose eingenistet haben. Ohne besondere Ansprüche an das Leben in diesen Bedingungen. Aber mit extremer Hilfsbereitschaft. Ein junger Mann, etwa 25 Jahre alt, hatte in seine „Nische“ den 15-jährigen Sohn eines verstorbenen Bekannten aufgenommen. Der bei weitem nicht depressiv wirkte, sondern kilometerweit in eine von einer ehemaligen Zirkuskünstlerin geleiteten „Akrobatik-Schule“ ging, um seine Fähigkeiten als Jongleur zu trainieren und später einen Arbeitsplatz in einem Zirkus zu finden. Das neben einer „festen Arbeit“ auf einer Müllkippe…

Erstaunlich auch: die „Lehrerin“ war unentgeltlich tätig. Also professionelle Hilfeleistung. Folglich eine Anerkennung über das Gebrauchtwerden durch helfen können. Erhöhte Lebensqualität mit eigener Aktivität.     

Bleiben Sie recht gesund und hilfsbereit!

Ihr

Siegfried Newiger







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen