Über meine
Erlebnisse gestern in der Frühe habe ich auf http://erlebnis-leben.blogspot.com/2017/01/ruckenlage.html
berichtet. Nun zu zwei Begegnungen, die eine Beziehung zur Gesundheit haben. Getreu
den Worten des Meister Eckart, geschrieben vor etwa 700 Jahren: „Willst du
getröstet werden, so vergiss derer, denen es besser geht und denke immer an
die, denen es schlimmer ist.“
Als ich gestern im
Halbdunkel nach meinem Sturz an der Abzweigung vorbeihinkte, von der es bis zum
Krankenhaus zwei Minuten Fußweg ist, grüßte mich ein mir unbekannter Mann mit „Guten
Abend!“. Das wunderte mich einerseits. Aber da ich schon viele Gags erlebt habe
mit Leuten, die über Headset mit Dritten sprachen, achtete ich nicht auf ihn. Er
kam näher und sagte, dieses Mal deutlich mir zugewendet „Guten Abend!“. Meine
Antwort „Guten Morgen!“ brachte ihn etwas aus der Fassung. Dann fragte er: „Ist
es schon morgens? Ich dachte, wir haben es abends.“ Obwohl der relativ kleine
und auch schon bejahrte Mann nicht schwankte, begriff ich, dass er am Vorabend
recht tief ins Glas geschaut haben musste. Denn er fragte weiter: „Wo kann ich
hier ein Glas Wasser trinken? Mir sagten sie am Empfang im Krankenhaus, das
wäre hier an der Stirnseite des Gebäudes.“ Der Kiosk, in dem Trinkwasser aus
einem artesianischen Tiefbrunnen im Dorf Maseppinzy verkauft wird, öffnete erst
in über einer Stunde. Als ich das dem Durstigen sagte, brummte er etwas recht
Unfeines vor sich her und ging weiter, als ich ihm den Weg zu einem 24 Stunden geöffneten
Laden für Lebensmittel gezeigt hatte. Da ich vor einiger Zeit beschlossen habe –
nach einem meine Frau schockierenden Zechgelage – von Hochprozentigem nichts
mehr zu trinken, bestärkte das Erlebnis meinen Entschluss.
Heute bin ich etwas
später spazieren gegangen. Um genauer zu sehen, wohin ich trete. Denn nach dem gestrigen
Sturz schmerzt das vorigen September operierte Knie recht stark. Also wurde auch
unser Spazierweg deutlich abgekürzt. Aus einer Seitenstraße trat ein dick
eingemummelter Mann an mich heran. Ich erkannte ihn, da ich den Krebskranken
schon eine gewisse Weile mit den guten Worten aus meiner Sprichwort- und
Aphorismensammlung moralisch unterstütze. Denn ich kann ihm ja medizinisch nicht
helfen.
Heute sah er
besonders jämmerlich aus. Auf meine Frage nach seinem Befinden antwortete er: „Sehr
schlecht. Nun bin ich schon ein Drogenabhängiger. Unterwegs ins Krankenhaus –
meine schmerzstillenden Medikamente gespritzt zu bekommen. Die Beine tragen
mich kaum noch. Werde wohl bald sterben.“ Eine solche Eröffnung auf fast
nüchternen Magen war für mich natürlich recht hart. Ich schwieg verlegen. Er
erlöste mich aus der Situation mit einer Frage: „Batjko (Vater), haben sie für
mich wieder ein aufmunterndes Zitat?“ Was sagt man in solcher Lage einem selbst
so ernannten Todeskandidaten? Ich entsann mich an einen wunderbaren Spruch des
Italieners Dante Alighieri: „Vom Paradies sind uns die Blumen des Tages, die
Sterne der Nacht und die Augen der Kinder geblieben.“ Er schaute mich plötzlich
lächelnd an. „Recht hat der Dante. Ihnen
danke ich sehr.“ Wandte sich ab und ging seines schweren Weges.
Heute jährt sich
der Todestag meines russischen Freundes seit 41 Jahren, Viktor Wassiljewitsch Tsherkashin
aus Moskau. Er war hochgeachteter Orthopädie-Chirurg, ein „Arzt von Gottes
Gnaden“, wie es hier heißt. Dazu ein extrem gebildeter und humorvoller Mensch. Welcher
93 Jahre alt wurde, sich nach dem Tod
seiner geliebten Frau fast bis zum letzten Tag seines Lebens selbständig versorgte
und besorgte. Werde heute seine Kinder und Freunde anrufen, die sich zu einem Gedenkessen
versammeln.
Drei Ereignisse,
welche mich darin bestärken, mit der Gewissheit eines Vergehens ab einem
ungewissen Tag weiter aktiv zu leben. Also alles zu tun, meine Gesundheit
weiter zu stabilisieren.
Bleiben Sie recht
gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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