16.01.15

Vorsätzlich...

Als 1937 geborener Mann bin ich inzwischen von den "50 +" zu den Alten gewechselt. Fühle mich dabei aber nicht so, dass ich kein Interesse am Leben mehr hätte. Denn jedes Neujahr gibt es einen Entschluß: alles versuchen, dass das eigene Gewicht im Neuen Jahr stabil bleibt und meine Beweglichkeit zu Fuß erhalten. Der erste Vorsatz hat damit zu tun, dass mein linkes Knie invalide ist und jedes Kilogramm über gewohnt sich schmerzhaft bemerkbar macht. Der zweite - um trotz genannter Behinderung noch so gut zu Fuß zu sein, dass ich zu den mir guten Menschen gehen kann und nicht warten muss, dass sie sich an mich erinnern.

Nur dann kann ich solches erleben wie vor drei Tagen. Da bin ich während des Morgenspaziergangs mit Hund bei stellenweisem Glatteis zweimal gestürzt. Anschließend habe ich mich bei unserem Instrukteur für Judo bedankt -
innerlich. Denn weil er uns langen Kerls in der militärischen Sportausbildung geraten hatte, besonders intensiv das Fallen können zu trainieren, habe ich das befolgt und deshalb bei beiden Stürzen keine Verletzungen erlitten. Nur meine Hände waren schmutzig.

Am Folgetag traf ich in der Abenddämmerung ein junges sympathisches Ehepaar. Wir wünschten einander zum Neuen Jahr das Beste - Gesundheit. Beide sind intensive Eisbader und Abhärter. Sie machten mir ein Kompliment. Sie würden sich an meiner Lebensfreude ein Beispiel nehmen. Die netten Worte hätte ich nicht gehört, würde ich daheim vor dem Fernseher sitzen. 

Am nächsten Morgen lief ein Bekannter auf mich zu. Er wäre heute besonders gut drauf und bäte mich um einen Spruch zum Tag - ich hätte doch immer etwas auf Lager. Da fiel mir unser klassischer Dichter Gotthold Ephraim Lessing ein. "Lese jeden Tag etwas, was sonst niemand liest. Denke jeden Tag etwas, was sonst niemand denkt. Tue jeden Tag etwas, was sonst niemand albern genug wäre zu tun. Es ist schlecht für den Geist, andauernd Teil der Einmütigkeit zu sein."
Unser Bekannter schaute mich groß an. "Das ist doch großartig. So etwas hat ein Deutscher geschrieben?" Beinahe hätte ich mich beleidigt gefühlt. Aber er bedankte sich überschwänglich.

Gegenwärtig, während ich die Zeilen eintippe, freue ich mich auf ein Treffen. Vor einem Jahr war mein flüchtiger Bekannter, den ich während seiner Yoga-Übungen am Fluss kennengelernt hatte, schon nach Charkow verzogen. Heute rief er mich an, wünschte mir das Beste zum Neuen Jahr und fragte, ob ich abends noch mit dem Hund spazieren ginge wie gewohnt. Er wäre zu seiner Mutter gekommen, würde mich gerne zu einer Unterhaltung treffen. Er hätte für mich auch ein Glas Honig aus seinen (relativ wenigen - mein Zusatz) Bienenstöcken mitgebracht. Dieses freundlich angekündigte, kleine Geschenk ist für mich soviel wert wie für andere eine riesige Prämie.

Also Vorsatz zwei wird bekräftigt: auf die Menschen zugehen, nicht sie meiden bringt Freude und damit Gesundheit ins Leben.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger 





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