22.11.14

Rückreise und mehr...

Für meine psychische Gesundheit ist es wichtig, nicht nur nicht verrückt zu werden, sondern das zu suchen, zu finden und zu sammeln, was Timothy Ferris in "Die 4-Stunden-Woche" auf Seite 71 so passend beschreibt: "Leben wie ein Millionär erfordert, interessante Dinge zu tun und nicht nur Dinge zu besitzen, um die andere sie beneiden."

Der Mann hat recht! Denn mit einer Rente zieht auch ohne die Million bei den meisten Menschen fast unüberwindliche Langeweile ein. Wer nicht gelernt hat, tätig zu sein oder wer nicht gebraucht wird, der hat dann Probleme mit der allgegenwärtigen Langweile. Die auf seine Psyche negativ einwirken. Deshalb schärfe ich weiter meine Beobachtungsgabe. Um am Wochenende sagen zu können: "Es gab wieder Interessantes." Glücksmomente. 

Am Morgen des vergangene Dienstag kam ich an den Bus von Odessa nach Kiew, wo der Fahrer mein Gepäck mit Notebook darin auf meine Bitte hin besonders sorgfältig verstaute. 
Auf der zweiten Haltestelle nach der Abfahrt las ich eine Bezeichnung über einem Haus, die unerwartet mit einem Kleinbuchstaben begann. Das ist auch im Kyrillischen ungewöhnlich. Vor allem, wenn sich keine Bedeutung erkennen lässt. Also ging ich etwas dichter an das Gebäude heran. Der erste Buchstabe war herabgefallen und noch nicht wieder befestigt. Deshalb stand als Name der Bar "..ulturvoller Oligarch" an der Wand. Natürlich war "Kulturvoller" gemeint. Recht eigenartige Bezeichnung...
Ein wenig erheiternd war aber, dass plötzlich aus dem Vorgarten ein großes graues Hängebauchschwein auftauchte. Der an den recht gewundenen Hauern kenntliche Eber bewegte sich langsam auf mich zu. Da ich die Reste eines Apfelgriebsches in der Hand hielt, warf ich ihm eine Hälfte zu. Er fraß sie mit Schmatzen und sah mich an. Bekam daraufhin die zweite Hälfte. Nun schien er zu erwarten, dass ich seine Fütterung fortsetzen würde, denn er kam zielstrebig näher. Allerdings hatten auch andere Fahrgäste das borstige Unikum bemerkt und kamen, um es zu fotografieren. Das stoppte den Eber, bis wir am Ende der Pause zur Weiterfahrt gebeten wurden.
In Belaja Zerkov sah ich sofort nach dem Aussteigen das Auto mit Frau und Hund, musste aber den Busfahrer bitten, mir mein Gepäck aus dem Bunker auf der anderen Seite zu geben. Er war ungehalten. Warum ich ihm mein Fahrziel nicht in Odessa genannt hätte. Typisch - immer ist der Andere schuld! Ich entschuldigte mich mit einem Angriff. Warum er mich nicht gefragt hätte, wo ich denn aussteigen würde. Dann wäre das Gepäck passend gelagert worden. Der Mann war einsichtig. 

In unserem Auto raste Kai hin und her, während ich Natascha begrüßte. Als ich auf meinen Platz kam, fiel er regelrecht über mich her, schleckte mich ab. Diese Prozedur sieht für Dritte ungewöhnlich aus. Wer seinen Hund kennt und liebt, hat an ihr Vergnügen. Daheim begrüßte mich Kater Darik zurückhaltender, saß aber danach wohlig schnurrend auf meinem Arm.
Am Mittwochmorgen begrüßte mich Kioskverkäuferin Olga mit freundlichem traditionellem Gruß für jeden, der heimkommt. "S woswraschtsheniem! Beglückwünsche zur Heimkehr!" Ähnlich ging es mir am Morgen des Donnerstags, wo ein mit Hund auch spazierender Verkäufer vom Basar die Frage stellte, weswegen ich schon so lange nicht an seinem Gemüsestand aufgetaucht sei, bevor wir uns ein wenig zur aktuellen Situation unterhielten. Die beiden Treffen mit Bekannten waren angenehm. Weil: ich werde im fremden Kulturkreis akzeptiert.
Am Abend des Freitag fiel mir auf der Straße, in der Nähe des "Bäckerladens" nach hiesigem Verständnis eine junge Frau um den Hals. Lena, die Freundin unserer Tochter. Wir hatten einander recht lange nicht gesehen. Nach Austausch von vielen Neuigkeiten bestellte sie den anderen Familienmitgliedern Grüße.
Heute nun in aller Frühe überraschte mich meine Natascha mit einem niedlichen Witz. "Liebling, wie stark soll ich dir den Kaffee machen?" fragt der Ehemann. "So stark wie deine Liebe zu mir." "Dann iß deine Stulle trocken, Wasser bringe ich dir keines." Ich versprach ihr auf jeden Fall schwachen Tee...

Es war nichts besonders Aufregendes. Nur Glücks-Kleingeld.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger 




 

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