24.03.14

Genuss Heilung


          Dieser Titel wird einzelnen, vor allem pessimistischen Personen nicht so gefallen. Denn vor jeder Heilung gab es ja die Krankheit mit allen ihren unangenehmen Seiten. Aber ich habe Grund, über diese nicht von mir geprägte Formulierung zu schreiben.
        Gewöhnlich gehe ich alle Vierteljahre einmal zum Zahnarzt. Vorsorge. Diesmal habe ich eine Unterlassung begangen. Das Resultat: an zwei unteren vorderen Schneidezähnen Risse, die sich darunter als beginnende Löcher erwiesen. Diagnose: Wurzelbehandlung erforderlich.
            Nun etwas zu meiner ukrainischen Zahnärztin. Einen Kopf kleiner als ich, fraulich-rundlich, Mutter dreier Söhne. Sie hat ihnen allen vorgelebt, wie Arbeiten – allein oder in der Familiengruppe – voran bringt. Ihr so ganz familiärer Erfolg: zwei Söhne arbeiten als Zahnärzte direkt neben ihr, der dritte ist Zahntechniker wie sein Vater.
         Seit Mutter die Genehmigung bekam, eine eigene Praxis zu betreiben, hat die Familie ein sehr gutes Einkommen. Respekt haben alle ihre vier Männer aber noch immer vor der energischen und humorvollen, dazu auch noch mit etwa 60 Jahren recht hübschen Dame. Ich merkte das, als während einzelner Behandlungsschritte an meinen Zähnen die schon gestandenen Söhne sich mit der Bitte um Konsultation zur eigenen Arbeit auf dem nahe gelegenen Sessel an Mutter wendeten.
          Als ich nun nach aktueller Diagnose genötigt war, doch ihre Dienste zu nutzen, geschah das, was die Überschrift aussagt.
        Die aufmerksamen Augen über dem Mundschutz, der kaum merkliche Einstich der Betäubungsspritze – alles baute wieder das Vertrauen in diese Ärztin auf. Dann die knappen Bewegungen, die sichere, ruhige und nur ganz gering angenehm duftende Hand vor der Nase, die leisen Anweisungen für die Assistentin – eine beruhigende, fast betörende Atmosphäre. Die schlanke Assistentin mit der ungewöhnlichen Altstimme für ihren Körperbau – eben fast völlige Harmonie.

        Nur: diese Situation habe ich ähnlich vom Inhalt vor etwa sechs Jahren in einem anderen Zusammenhang erlebt. Vor der dringend erforderlichen  Einpflanzung meines Herzschrittmachers hat sich der operierende Oberarzt ausführlich mit mir unterhalten. Seine bereitwilligen Antworten auf meine Fragen führten dazu, dass ich die gesamte Operation einschließlich des Telefonats eines Assistenten an den Chefingenieur des Herstellers zur Endabstimmung der Einstellwerte am  erstmalig in der Klinik eingesetzten Typs von Peacemaker als eine Teamleistung zur Aufbesserung meines eigenen  Gesundheitszustandes empfand.
      Mit anderen Worten: ebenfalls als Genuss an der Heilung.
     
    Erneut habe ich in beiden Fällen bestätigt bekommen – dieses positive Gefühl, diese aufbauende Stimmung trägt eindeutig dazu bei, dass die ärztlichen Bemühungen durch mich (oder auch durch beliebige Patienten) wirkungsvoller gemacht werden. Sich im Ergebnis der noch positivere „Genuss der Heilung“ einstellt.

Seien Sie bitte optimistisch!
Und bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger











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