18.01.17

Hoffnung...



Über meine Erlebnisse gestern in der Frühe habe ich auf http://erlebnis-leben.blogspot.com/2017/01/ruckenlage.html berichtet. Nun zu zwei Begegnungen, die eine Beziehung zur Gesundheit haben. Getreu den Worten des Meister Eckart, geschrieben vor etwa 700 Jahren: „Willst du getröstet werden, so vergiss derer, denen es besser geht und denke immer an die, denen es schlimmer ist.“

Als ich gestern im Halbdunkel nach meinem Sturz an der Abzweigung vorbeihinkte, von der es bis zum Krankenhaus zwei Minuten Fußweg ist, grüßte mich ein mir unbekannter Mann mit „Guten Abend!“. Das wunderte mich einerseits. Aber da ich schon viele Gags erlebt habe mit Leuten, die über Headset mit Dritten sprachen, achtete ich nicht auf ihn. Er kam näher und sagte, dieses Mal deutlich mir zugewendet „Guten Abend!“. Meine Antwort „Guten Morgen!“ brachte ihn etwas aus der Fassung. Dann fragte er: „Ist es schon morgens? Ich dachte, wir haben es abends.“ Obwohl der relativ kleine und auch schon bejahrte Mann nicht schwankte, begriff ich, dass er am Vorabend recht tief ins Glas geschaut haben musste. Denn er fragte weiter: „Wo kann ich hier ein Glas Wasser trinken? Mir sagten sie am Empfang im Krankenhaus, das wäre hier an der Stirnseite des Gebäudes.“ Der Kiosk, in dem Trinkwasser aus einem artesianischen Tiefbrunnen im Dorf Maseppinzy verkauft wird, öffnete erst in über einer Stunde. Als ich das dem Durstigen sagte, brummte er etwas recht Unfeines vor sich her und ging weiter, als ich ihm den Weg zu einem 24 Stunden geöffneten Laden für Lebensmittel gezeigt hatte. Da ich vor einiger Zeit beschlossen habe – nach einem meine Frau schockierenden Zechgelage – von Hochprozentigem nichts mehr zu trinken, bestärkte das Erlebnis meinen Entschluss.

Heute bin ich etwas später spazieren gegangen. Um genauer zu sehen, wohin ich trete. Denn nach dem gestrigen Sturz schmerzt das vorigen September operierte Knie recht stark. Also wurde auch unser Spazierweg deutlich abgekürzt. Aus einer Seitenstraße trat ein dick eingemummelter Mann an mich heran. Ich erkannte ihn, da ich den Krebskranken schon eine gewisse Weile mit den guten Worten aus meiner Sprichwort- und Aphorismensammlung moralisch unterstütze. Denn ich kann ihm ja medizinisch nicht helfen.
Heute sah er besonders jämmerlich aus. Auf meine Frage nach seinem Befinden antwortete er: „Sehr schlecht. Nun bin ich schon ein Drogenabhängiger. Unterwegs ins Krankenhaus – meine schmerzstillenden Medikamente gespritzt zu bekommen. Die Beine tragen mich kaum noch. Werde wohl bald sterben.“ Eine solche Eröffnung auf fast nüchternen Magen war für mich natürlich recht hart. Ich schwieg verlegen. Er erlöste mich aus der Situation mit einer Frage: „Batjko (Vater), haben sie für mich wieder ein aufmunterndes Zitat?“ Was sagt man in solcher Lage einem selbst so ernannten Todeskandidaten? Ich entsann mich an einen wunderbaren Spruch des Italieners Dante Alighieri: „Vom Paradies sind uns die Blumen des Tages, die Sterne der Nacht und die Augen der Kinder geblieben.“ Er schaute mich plötzlich  lächelnd an. „Recht hat der Dante. Ihnen danke ich sehr.“ Wandte sich ab und ging seines schweren Weges.    

Heute jährt sich der Todestag meines russischen Freundes seit 41 Jahren, Viktor Wassiljewitsch Tsherkashin aus Moskau. Er war hochgeachteter Orthopädie-Chirurg, ein „Arzt von Gottes Gnaden“, wie es hier heißt. Dazu ein extrem gebildeter und humorvoller Mensch. Welcher  93 Jahre alt wurde, sich nach dem Tod seiner geliebten Frau fast bis zum letzten Tag seines Lebens selbständig versorgte und besorgte. Werde heute seine Kinder und Freunde anrufen, die sich zu einem Gedenkessen versammeln.

Drei Ereignisse, welche mich darin bestärken, mit der Gewissheit eines Vergehens ab einem ungewissen Tag weiter aktiv zu leben. Also alles zu tun, meine Gesundheit weiter zu stabilisieren.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger






       

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